Mittwoch, 20. Oktober 2010

Hommage an meine Freunde


Die Jubiläumswiesn 2010 mit Freunden
In den Gazetten wird immer darüber geschrieben, wie sich die Menschen aus aller Herren Länder, die schillernde Prominenz, der traditionelle Wiesn’ Besucher einmal im Jahr auf der Theresienwiese im größten Volksfest der Welt bierselig vereinen. Der zusätzliche Montag war zum 200jährigen Jubiläum zudem als Tag für die Münchner gedacht. Bei strahlendem Wetter haben sie sich dementsprechend noch mal in Tracht und Pracht auf dieser Bühne gezeigt und es rauschen lassen: "A Traum is"
Doch hier schreibe ich exklusiv für Euch, meine Freunde. Seit 5 Jahren begleitet Ihr mich durch diesen facettenreichen Ausnahmezustand und ich kann Euch sagen, Ihr seid zu einem Teil meiner Wiesn’ geworden. Ja, sie hat sich zum festen Treffpunkt etabliert.
Ihr stattet mich jedes Mal reichlich aus mit
  • den besten Wünschen für gutes Gelingen, Gesundheit und einen vollen Geldbeutel
  • dieses Mal per Post einem Überlebenspaket mit frischem Ingwer für meinen bewährten Stärkungstrank: Ingwer/Zitrone und Honig, Magnesiumpulver für die Knochen, verschiedene Teebeutelchen, und zu guter Letzt ein kleines Fläschchen Cointreau – wenn sonst nix mehr hilft:-)
  • Vorfreude auf Eure Besuche
Und damit gerüstet ging ich am ersten Samstag wieder morgens früh um 7.30 Uhr los...
Wenn ich dann an diesen Tagen am Abend nach Hause komme und noch eine Postkarte vom Ausflug in die Berge, aus Italien, ein interessanter Wiesn’Artikel im Briefumschlag, schöne Fotos vom Westpark, im Briefkasten auf mich warten, ist das ein besonders süßes Zuckerl, ein Genuss, nach der heißen Dusche privat sein zu können, zu wissen, Ihr seid noch da und ich auch.
Eure Besuche sind ein Kraftquell in diesen Tagen und mir immer sehr viel wert. Erwartet, unerwartet sind wir uns wieder in die Arme gelaufen, haben uns auch ohne Handy gefunden. Fügung, bei der ich spüre, dass wieder in ganz spezieller Weise auf dieser Wiesn’ für mich gesorgt wird. Ein gutes Gefühl.
Manchmal, wenn es ganz arg zuging und noch niemand da war, habe ich es mir gewünscht. Es hat geklappt. Einmal standen zwei Mädels vor mir, die mich suchten um mir liebe Grüße auszurichten.
Nette Gäste und ihre Anerkennung helfen auch, solche Momente, in denen man in der Anonymität als grünes Dirndl innerlich ganz leer dasteht, mit Wärme zu erhellen.
Dazu gehören natürlich auch meine beste Kollegin Astrid, die zur rechten Zeit ein Stückchen Schokolade aus der Tasche zaubert und die Brezn’Miezi, die mir zwischendurch ein Stück selbstgebackenen Kuchen zuschiebt.
Die Begegnungen mit Euch inmitten einer solchen Menschenmasse sind immer ein Leuchten und Freude, die mich strahlen lässt.
Das seid Ihr für mich auf der Wiesn!
Eure Gertrud

Montag, 12. Oktober 2009

Der letzte Abend

... es herrscht Aufbruchstimmung ... fast geschafft!

Dazu wird es jetzt richtig feierlich. Vor dem letzten Lied steigen die Wirtsfamilie, die Bedienungen, die Köche zur Musikkapelle auf die Bühne. Nach der Dankesrede vom Wiesn' Wirt an alle, die dieses 176igste Oktoberfest möglich gemacht haben, werden auch wir Bedienungen vom Publikum gefeiert. Ein Riesenapplaus erfüllt uns mit Stolz. Dazu geht das Licht aus und Hunderte von Wunderkerzen verwandeln das Zelt in ein funkelndes Sternenmeer. Noch einmal vereint der Wiesn Song "Weus'd a Herz hast wie a Bergwerk" von Rainhard Fendrich, alle die da jetzt ganz sentimental auf den Bänken stehen. Umarmungen, Freude..., der Moment, in dem alles gut ist.

Und mit einem letzten Wiesn'Busserl sag ich Servus!

Hinter den Kulissen

Ein Wiesn'Arbeitstag

Hinter den Kulissen sieht die Welt anders aus. Von den Gästen werde ich als Bedienung natürlich immer wieder auf den guten Verdienst angesprochen und manche rechnen sogar aus, wieviel wir im Schnitt an der Maß verdienen. Eine Wiesn' Bedienung spricht jedoch nicht übers Geld. Doch wenn ihr die Hand vom Geldbeutel auf- und zumachen wehtut, nimmt sie das gerne hin :-)

Es ist ja auch alles relativ und jeder Euro ist mehr als verdient.
Wie sieht so ein Tag aus? Wieviele Kilometer bringen die Beine hinter sich? Wann gibt es etwas zu essen? Wie halte ich mich über diese ganze Zeit fitt und lebendig? Wie funktioniert dieses Riesenunternehmen überhaupt?

Wochenende: Um 8 Uhr ist Dienstbeginn. Als erstes werden Tische und Bänke gewischt und ordentlich hingestellt. Das Besteck muss aus der Küche organisiert werden. Zum Nachputzen und Polieren ist keine Zeit. Jeder Tisch bekommt eine weiße Papierdecke, einen Krug mit Besteck, Servietten und eine Speisekarte... dann gibt's ein gemeinsames Frühstück. Das muss vorhalten. Deswegen bringe ich mir meistens vom Bäcker Vollkornsemmeln mit um eine gute Grundlage zu haben. Ich weiß nicht, wann wieder Zeit zum Essen bleibt. Manchmal reicht es gerade mal für einen Happen zwischendurch, einen schnellen Kaffee. Und machmal auch für eine halbe Stunde Pause zum Essen in der Wiesn'Kantine oder ein Personalessen im Zelt. Dass da meine überflüssigen Pfunde wegschmelzen wie ein Vanilleeis in der Sonne, versteht sich von selbst. In dem Kontext lässt sich die Wiesn auch als kostenloses Fitnessstudio sehen :-) Ich spüre ungeahnte Muskeln, kann zuschauen wie sie wachsen und mich über diesen Nebeneffekt freuen.

Auf der Wiesn' bin ich selbständige Subunternehmerin. Das heißt ich kaufe das Bier und das Essen vom Wirt und verkaufe es an den Gast. Die Marge dazwischen und das Trinkgeld sind mein Verdienst. Es gibt keinen zusätzlichen Stundenlohn. Schön wärs!
Beim ersten Mal kam noch dazu, dass ich mir zwei Dirndl, zwei Schürzen und vier Blusen als Arbeitskleidung kaufen musste. Eine Investition von schlappen 450 Euro.

Gute Schuhe sind das A und O. Dieses Jahr habe ich mir super Nordic Walking Schuhe mit extra Luftpolster zugelegt. Die haben sich gelohnt. Jeder Gang in die Küche sind hin und zurück im Schnitt 200 bis 250 Schritte. Da ist durchdachte Organisation gefordert. Bei leeren Gängen geht es ja. Doch im überfüllten Gang mit vollem Schlitten (das Tablett fürs Essen) ist Aloisius - mein Schutzengel - mein Verbündeter, der mir den Weg freimacht.
Die Kraft der Gedanken... ein gedachtes "Weg frei" bringt mehr als ein lautes und schont zudem die Stimme.
Also, ein überfüllter Gang in einem Bierzelt als ideales Experimentierfeld für sämtliche Mentaltechniken, die in teuren Managementtrainings vermittelt werden.

Der Weg für eine Weinschorle sieht ganz anders aus als der fürs Bier. Das weiß der Gast natürlich nicht und wundert sich, dass er darauf viel länger warten muss als auf's Bier. Das Bier kommt frisch von der Schenke, manchmal um's Eck. Ich habe oft gehört "Oh, das geht aber schnell!" Naja, bei den Schuhen... :-)
Für die Weinschorle gehe ich dann diese 200 - 250 Schritte, stelle mich an der Kasse an um den Bon zu kaufen und stelle mich nochmal am Stand an, wo es diese Weinschorle dann endlich gibt. Wenn ich sowieso eine Essensbestellung habe, mache ich natürlich alles in einem Weg und balanciere die Weinschorle zwischen Schweinshaxn und Hendl auf dem Schlitten durch den Gang.

Das Wichtigste auf der Wiesn ist: furchtlos nach vorne gehen.

Dienstag, 29. September 2009

Wilde Wiesn

... da fallen auch mal die Hüllen

Samstag Abend. Innen im Zelt steppt der Bär. Die aufheizenden Rhythmen der alten und neuen Wiesn Hits treiben alle auf die Bänke. Dem Sog des Bierkollektivs kann sich keiner entziehen. Ein paar Stunden gemeinsame Bierseligkeit, man gehört dazu, man ist dabei!

Diese Energiewellen schwappen durch die Fenster und Türen in den Garten und stecken an. Da wird in den Gängen getanzt. Zwei wilde Jungs rocken ekstatisch mit und zeigen blitzschnell abwechselnd ihren blanken Hintern. Man wartet gespannt, wie weit sie wohl gehen werden.

Doch für die Moral im Zelt ist gesorgt. Der kräftige Arm des Security-Mannes befördert die beiden vor die Tür.

Jeden Tag, jede Stunde, von jetzt auf nachher, zeigt sich mir die Wiesn in ihren untähligen Facetten. Sie ist ein Schmelztiegel jeglicher couleur. Ich finde das immer wieder interessant.

Freitag, 25. September 2009

Das "Italiener-Wochenende"

Das Wochenende wird heiß...

Heute abend bekommen meine Hände, Handgelenke und Füße nochmal eine Extra-Verwöhn-Pflegekur.
Das mittlere Wochenende ist bekannt, gefürchtet, geliebt und erwartet als das "Italiener-Wochenende" und vom Andrang her am stärksten.
Die ersten Gäste hatten wir heute schon. Das laute, erwartungsvolle "una bierra", dann das Verbrüdern mit allen anderen über sämtliche Tische hinweg und dazu noch ein kräftiges "viva Italia - viva Monaco" bringt Stimmung und gute Laune. Da fließt das Bier! Das Wiesnhendl dazu ist obligatorisch, aber auch Spezialitäten wie die Schweinshaxn und Schweinswürstl mit Kraut sind sehr beliebt.

Soviel im voraus. Jetzt brauche ich noch ein paar Stunden Schlaf.

Nach dem Wochenende...

Es war gar nicht so. Die Italiener wurden nicht mehr in der Anzahl als die Tage davor. Ob sie überhaupt kommen? In der Süddeutschen Zeitung stand, dass es das "Italiener-Wochenende" als solches gar nicht mehr gibt. Das konnten wir uns nun so gar nicht vorstellen...

Es war das dritte Wochenende! Samstagmorgens - ich bin kurz vor 8 Uhr an der Bavaria - erwartet mich vor dem Schützenzelt eine riesige Menschentraube. Wahrscheinlich waren die ersten schon morgens um 6 Uhr da um ins Zelt reinzukommen. Ich hole tief Luft. Zum Abschluss also doch noch zwei heiße Tage.
Um neun Uhr öffnen sich die Türen. Das Sicherheitspersonal sorgt dieses Mal für einen kontrolliert gesitteten Einmarsch ins Zelt. Mit rot-weißen Bändern haben sie Korridore geschaffen, die Rucksäcke werden kontrolliert, alle mitgebrachten Getränke müssen draußen bleiben, werden von allen nur zögerlich in die dafür bereitgestellte Mülltonne geworfen - das kann ich gut nachfühlen. Unser Wohlstand, das kompromisslose Streben nach maximalem Gewinn, erlauben diesen Umgang mit Wasser. Andernorts ist es Mangelware.

Doch endlich spüren sie das heiß ersehnte Terrain unter ihren Füßen: den Holzboden des Bierzeltes. Alle Mühen sind vergessen, erregtes Stimmengewirr hebt in Sekundenschnelle den Geräuschpegel um ein Vielfaches und dann ein glückliches "una bierra". Die Freude steckt an, vor allem dann wenn ich mit einer schäumenden Ladung von 9 Maß - oder Maßerl wie der Bayer liebevoll sagt - daherkomme und sie schwungvoll auf den Tisch setze. Fürs Foto mache ich das gerne gleich nochmal. Viva Italia!

Donnerstag, 24. September 2009

Wie bin ich zur Wiesn gekommen?

Das Unmögliche möglich machen


Es war ein kalter August und ich war auf der Suche nach Inspiration. Da stieß ich auf den Erfahrungsbericht von einem Rechtsanwalt, der seit Jahren schon im Weinzelt bedient. Es hat mich nicht mehr losgelassen.
Die Herausforderung war nun, das Unmögliche möglich zu machen.
Unmöglich deshalb, weil es immer heißt, dass dieser Job nur über Beziehungen und unter der Hand zu bekommen ist.

"Das wollen wir doch mal sehn", war meine Haltung, als ich vom Schreibtisch aus, ein Monat vor Beginn, bei den Bierzeltbüros angerufen habe. Bei den ersten Absagen habe ich erfahren, dass es teilweise wirklich so ist, dass man als Neuling nicht reinkommt und dass die Verträge bereits im März ausgestellt werden. Ein Spüljob wurde mir angeboten, doch ich wollte ja hautnah als Bedienung dabei sein.

Mit dieser klaren Absicht hatte ich Erfolg. Am selben Tag noch wurde ich zum Vorstellungsgespräch im Schützen-Festzelt eingeladen, habe es geschafft, 8 mit Wasser gefüllte Maßkrüge hochzuheben und hatte den Vertrag in der Tasche.

Dann bin ich gedanklich Achterbahn gefahren. "Will ich das wirklich und was kommt da auf mich zu? Schaffe ich das körperlich und seelisch? Bin ich mit dem Geld in der Tasche auf dem Nachhauseweg sicher?" Mit diesem Zwiespalt bin ich auf das Abenteuer Oktoberfest 2006 zugeschlittert. Mittlerweile ist es das vierte Jahr. Der Anfang ist jedes Jahr mit gemischten Gefühlen verbunden. Doch dann, wenn Astrid und all die anderen vertrauten Kolleginnen und Kollegen wieder da sind, die Brezn-Mizi ihren Stand aufgebaut hat, das "pack mr's wieder" die Runde macht, gewinnt die freudige Erregung und Gespanntheit die Oberhand. Ja, ich freue mich dann richtig darauf, alles aus mir herauszuholen, meine Kraft zu spüren, alles fließen zu lassen und aus jedem Tag einen besten Tag meines Lebens zu machen.


Zudem ist das Schützen-Festzelt für mich von der Lage her das schönste Zelt. Am Fuße der Bavaria, der Schutzpatronin Bayerns, liegt es auf einem Kraftplatz. Ich arbeite draußen im Garten und kann mich immer mit ihrer besonderen Energie und ihrer erhabenen Ausstrahlung verbinden. Sie gibt mir Kraft und Vertrauen.
Es ist auch ein tolles Gefühl, auf der Galerie zu sitzen und fern von jeglichem Gedränge den Blick über die Theresienwiese schweifen zu lassen.

Dazu lade ich Euch, meine lieben Leserinnen und Leser sehr gerne ein!

Mittwoch, 23. September 2009

Mein Oktoberfestbüro


Alles spielt sich unter der Dirndlschürze ab!

Liebe Freunde und Wiesn Fans,

heute möchte ich Euch noch von der Wirtschaftlichkeit meines Oktoberfestbüros berichten. Mit Feng Shui Augen betrachtet ist es perfekt: übersichtlich und gut durchorganisiert. Und der englische Begriff des home office trifft bei der Nähe zum Körper in jedem Fall zu.

Es besteht aus zwei Taschen die rechts und links an der Hüfte hängen.
In der rechten stecken
  • mein Geldbeutel, der an der Tasche und dem Gürtel angekettet ist,
  • Block und Kugelschreiber für die Bestellungen.
In der linken habe ich
  • das "Spielgeld" für Bier, Limonade, Apfelschorle etc. Damit bezahle ich an der Schenke.
  • Im Außenfach steckt noch das blaue Schwammtuch zum Tischabwischen.
  • Wenn es hektisch zugeht und das Besteck auf den Tischen knapp wird, hat man als gut organisierte Bedienung auch noch Ersatzbesteck in den Taschen.

Tiefer geht es dann in die Seitentaschen vom Dirndl. Darin werden für die zusätzlichen Wünsche der Gäste kleine Salz und Pfeffer, Senf, Ketschup gelagert. Das steht für optimales Zeitmanagement und gutes Haushalten mit der Kraft. Es erspart einen weiteren Gang in die Küche, der bei vollen Gängen und mindesten 100m Entfernung kein Vergnügen ist.

Für mein eigenes Wohlbefinden nehmen sie auch noch Salbei-Bonbons und das Handy für den Kontakt zur Außenwelt auf.

Astrid sagt immer: "aufgezäumt wie ein Zirkuspferdl san mr wieder". Dieses "Geschirr" wiegt natürlich auch einiges; je nach Dicke des Geldbeutels und der Menge der Biermarken. Das trage ich gerne den ganzen Tag. Schließlich geht es darum: viel verdienen!

Pfüat Euch!